IX. Die Ära Barton ab 1979

1979 begann die Ära Barton. Peter F. Barton (1935–2014) veröffentlichte 1961 eine erste Studie zur österreichischen Reformationsgeschichte im Jahrbuch. Ihr folgte nebst zahlreichen Rezensionen 1963 ein Register sämtlicher Beiträge im Jahrbuch zwischen 1880 und 1961, das er gemeinsam mit dem Direktor des Presseverbandes Karl Spitzer (1917–1972) herausgab. Dem Register folgte 1973/74 eine zweite Auflage, schließlich 1999 eine fast 900 Seiten umfassende Bibliographie zur Geschichte […] des Protestantismus in Österreich und der ehemaligen Donaumonarchie als Sonderband des Jahrbuchs – ein unverzichtbares Hilfsmittel, das dringend einer Fortsetzung bedarf. Außerdem verfasste er 1987 einen Überblick über die Geschichte der Evangelischen in Österreich unter dem Titel Evangelisch in Österreich. Durch seine Leitung des von der EKD finanzierten „Instituts für protestantische Kirchengeschichte Wien“ – mit einer bemerkenswerten Reihe Studien und Texte zur Kirchengeschichte und Geschichte – kam es zu vielfältigen Kooperationen mit der Gesellschaft, aber auch mit einschlägigen Forschungspartnern in den Nachfolgestaaten der Donaumonarchie. Hervorgehoben seien hier die „Johannes-Mathesius-Gesellschaft“ mit ihrem Ziel, „Erbe und Auftrag der Reformation in den böhmischen Ländern“ zu untersuchen, der „Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde“ auf Schloss Horneck in Württemberg und die kirchengeschichtliche „Primož-Trubar-Gesellschaft“ in Laibach/Ljubljana mit ihrem Jahrbuch Stati inu obstati – „Stehen und Bestehen/Widerstehen“, das Leitmotiv des slowenischen Reformators Primož Trubar (1508–1586).

Weitete sich das Themenspektrum der Gesellschaft merklich aus (erwähnt seien nur die beiden von Barton herausgegebenen Festschriften zum Toleranzpatentjubiläum 1981), so trat mit den Landesausstellungen seit 1980 (Goldegg) die museale Seite in den Vordergrund und mündete in die Gründung eines eigenen Museumsvereins und der Suche nach einer gesamtösterreichischen Einrichtung. Auch wenn die Gesellschaft nicht explizit genannt wurde, so war sie durch einzelne Mitglieder beratend und gestaltend beteiligt. Die verstärkte Kooperation mit dem seit 1960 in Fresach (Kärnten) angesiedelten Diözesanmuseum und den neu gegründeten Museen in Rutzenmoos (Oberösterreich), vorübergehend Stoob (Burgenland) und Murau, jetzt Bad Radkersburg (Steiermark) vermittelte der Gesellschaft eine weitere Dimension ihrer Tätigkeit. 

An den zahlreichen Festschriften der Toleranzgemeinden nach 1981, die im Jahrbuch rezensiert wurden, waren ebenso einzelne Mitglieder des Vorstands beteiligt.

Dem Vorstand gehörten seit 1959 Spitzer, seit 1961 Sakrausky, seit 1970 die ‚Fernsehpfarrerin‘ Stephanie (Nadherny-)Prochaska (1915–1988), der burgenländische Pfarrer, später Superintendent Reingrabner (*1936), der zwischen 1986 und 1996 die Funktion eines Vizepräsidenten bekleidete, weiter der Innsbrucker Pfarrer Wolfgang Liebenwein (1911–1982), der Siebenbürger Otto Folberth (1896–1991) und seit 1972 der zuletzt in Wien lebende Pfarrer und Archivar Bernhard Hans Zimmermann (1904–1993) an. Mit 1976 datiert eine weitere Umgestaltung des Vorstands: Der Salzburger Pfarrer Gerhard Florey (1897–1996), der in Oberwart wirkende Landessuperintendent Imre Gyenge (1925–1996), der zwischen 1983 und 1986 als Vizepräsident fungierte, der Innsbrucker Pfarrer Bernd Hof (*1942) und die beiden Assistenten an der Wiener Fakultät Ernst Hofhansl (1945–2021) und Karl Schwarz (*1952) wurden in den Vorstand berufen. 1981 folgte der Kirchenhistoriker Ulrich Gäbler (*1940), dessen bemerkenswerter wissenschaftlicher Werdegang über Zürich und Amsterdam nach Basel führte, aber mit einer Rezension in unserem Jahrbuch 1966 seinen Anfang nahm. Der Pressepfarrer, später Superintendent in St. Pölten Paul Weiland (1949–2015) nahm die Aufgaben des Verlegers wahr, denn das Jahrbuch war nach 1945 zum Evangelischen Presseverband gewechselt. Hinzu traten der Jurist Kurt Uhlik (1922–1987) und der Siedlungshistoriker Hans Krawarik (*1944), der zwischen 1981und 1996 für das Protokoll der Vorstandssitzungen und Generalversammlungen verantwortlich war. 1983 wurden Florey und Mecenseffy, 1986 Gyenge und Harald Zimmermann, 1993 Bernhard Hans Zimmermann und 1996 Barton zu Ehrenmitgliedern erwählt. Von 1990 bis 2000 gehörten auch der Leiter der Evangelischen Akademie Wien Ulrich Trinks (1930–2008), von 1990–1996 Bischof Dieter Knall (1930–2019) und von 1986-2012 der aus der Zips gebürtige Salzburger Osteuropa-Historiker Friedrich Gottas (1940–2020) dem Vorstand an; Knall wurde 1996, Gottas 2012 zum Ehrenmitglied ernannt.